Wolfgang Renner, Versuchsstation Haidegg, Obmann PIWI Österreich, Vorstand PIWI International

Mit dem fortschreitenden Klimawandel und der Notwendigkeit, auch in der Landwirtschaft die Herausforderungen des „Green Deals“ zu bestehen, wächst das Interesse an nachhaltigen Produktionsmethoden. Für den Weinbau stellen pilzwiderstandsfähige Rebsorten eine funktionierende Alternative dar.

In Österreich sind lt. Mehrfachanträge aktuell rund 1,5 Prozent der Rebfläche mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten bestockt. Das entspricht einer absoluten Fläche von rund 700 Hektar. In der Steiermark stehen davon etwa 150 Hektar (2,9% der steirischen Rebfläche). Am häufigsten angebaut werden hier Muscaris, Souvignier gris und Blütenmuskateller. Aber was passiert außerhalb Österreichs in traditionell „konservativen“ Weinbauländern? –
Hier ein kurzer Überblick über einige Aktivitäten in Europa und Übersee.

FRANKREICH  Frankreich

Frankreichs Hybridwein-Zukunft!“

Die französische Weinlandschaft steht kurz einer Revolution durch den sanften Vorstoß für resistente Traubensorten des Institut National de la Recherche Agronomique (INRA), bekannt unter INRA-ResDur. Das Ziel dieses Programmes die Züchtung multiresistenter Sorten für den lokalen Anbau mit starkem lokalem Charakter bis 2030. Alle französischen Hauptanbaugebiete sind involviert. Es ist wahrscheinlich das größte Rebsorten-Verbesserungsprogramm weltweit. 2018 wurden bereits vier pilzwiderstandsfähige Sorten in den nationalen Sortenkatalog aufgenommen: Artaban, Vidoc, Floreal und Voltis. In diesem Bericht wird José Vouillamoz, Schweizer Biologe und Experte für genetische Studien von Rebsorten am Agroscope, zitiert: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Pinot noir Terroir besser transportiert als Regent“.

Quelle: www.wine-searcher.com, 5.1.2020

Im Juni 2021 berichtet die Online-Zeitschrift Vitisphere (www.vitisphere.com), dass die CPVO (Community Plant Variety Office, europäisches Sortenamt) die vier französischen PIWI-Sorten Artaban, Vidoc, Floreal und Voltis als Vitis vinifera L. eingestuft wurden. Das macht nun den Weg frei für eine mögliche Klassifizierung als AOC-Wein in Frankreich.

Champagnerbauern helfen, die Rebsorten der Zukunft zu züchten

Seit zehn Jahren nimmt die Champagne als In-situ-Anbaugebiet am Programm INRA-ResDur teil, das sich derzeit in einem “Zwischenstadium” befindet. Setzlinge mit den erforderlichen Resistenzgenen wurden in den Versuchsweinbergen der Champagne gepflanzt. Dort werden sie über einen Zeitraum von etwa sechs Jahren beobachtet. Diese werden eingegrenzt und weiter beobachtet, bevor eine letzte administrative Runde stattfindet, die hoffentlich einen Katalogplatz für vier oder fünf weitere Sorten sichert, die im “zukünftigen Klima” gedeihen werden. Der gesamte Prozess dauert etwa 15 Jahre.

Quelle: www.forbes.com, 16.9.2020

Schon knapp ein Jahr später berichtet das schwedische Magazin BKWine darüber, dass der Dachverband der Champagner-Winzer entschieden hat, eine pilzresistente Rebsorte (Voltis) zuzulassen. Die Champagner-Produzenten dürfen bis maximal 5% ihrer Rebfläche mit dieser Sorte bepflanzen.

Quelle: www.bkwine.com, 23.8.2021

ICV prüft 106 Weinausbauten von resistenten Rebsorten

Das Institut Coopératif du Vin (ICV) beginnt, sich einen guten Überblick über die önologische Eignung der resistenten Rebsorten zu verschaffen. Seit 2014 wurden 106 Weine aus 20 Sorten vinifiziert, von denen die meisten bereits erhältlich sind. Der Souvignier gris gefällt den Önologen durch seine ausgewogene Säure und seine Finesse. Floréal ist sehr aromatisch. Die Rotweine verhalten sich gut in Verschnitten, sind aber oft durch aggressive Tannine gekennzeichnet, wenn sie allein vinifiziert werden. Die Önologen haben nun auch eine Vorstellung von den Reifezeiten. Mehrere Sorten sind ziemlich spät und gut an den Mittelmeerraum angepasst. Artaban, Vidoc, Monarch, Prior oder Voltis erreichen im Allgemeinen Mitte September nach dem Cabernet Sauvignon 13 % Alkohol. Auch die widerstandsfähigen roten Sorten decken ein breites Spektrum an Säuregraden ab. Einige haben einen höheren Gesamtsäuregehalt und einen niedrigeren pH-Wert als Syrah, Grenache, Merlot, Carignan oder Cabernet Sauvignon. Das ist zum Beispiel bei Merlot Khorus der Fall, der eine gute Lösung für den Klimawandel sein könnte. Artaban, Vidoc, Merlot Khorus und Monarch haben eine interessante Farbintensität, aber auch eine sehr hohe Gerbstoffbelastung.

Quelle: www.vitisphere.com, 26.1.2021

Das Languedoc überwacht 100 Parzellen resistenter Rebsorten

Ein neues Netzwerk von Winzern, die resistente Rebsorten gepflanzt haben, ermöglicht es Weinberatern, sich ein besseres Bild vom Verhalten in den verschiedenen Terroirs des Mittelmeerbogens zu machen.

Quelle: www.vitisphere.com, 26.1.2021

Weingüter der Charentes setzen auf resistente Sorten

Die Bewegung nimmt Fahrt auf. Der Keller der Ile d’Oléron vinifizierte seine erste Cuvée von Rebsorten, die gegen Oidium und Peronospora resistent sind. Die Coopérative Vignerons de Ile de Ré wird in diesem Jahr etwa zehn Sorten pflanzen. Als Alternativen zur konventionellen Sorte Ugni blanc sollen einige pilztolerante Sorten zugelassen werden.

Quelle: www.vitisphere.com, 28.10.2020

Resistente Rebsorten aus dem Rhonetal im Jahr 2035?

Während die aufeinanderfolgenden INRA-ResDur-Programme 1, 2 und 3 es ermöglicht haben, Rebsorten anzubieten, die gegen Mehltau und Oidium resistent sind – insbesondere mit den ersten Registrierungen von Vidoc, Artaban, Floréal und Voltis – nutzen die Weinbaugebiete und ihre Branchenverbände diese neuen Materialien in regionalen Kreuzungsprogrammen. Den Rebsorten ihres Gebiets sollen eine dauerhafte Resistenz gegen Peronospora, Oidium, Schwarzfäule usw. verliehen werden. Im Rhône-Tal wurde im vergangenen Jahr mit der Einkreuzung von Syrah und Grenache gestartet.

Quelle: https://www.vaucluse-agricole.com, 28.10.2020

OIV-Resolutionen   

OIV-Logo

Das Internationale Weinamt (OIV) hat in der nahen Vergangenheit mit zwei Resolutionen auf das Thema PIWI Aufmerksam gemacht. In der Resolution 609-2019 wird festgehalten, dass die OIV keine bestehenden Sortennamen für resistente Hybride wünscht. In einer Entschließung wird empfohlen, jegliche Gefahr von Verwechslungen für die Verbraucher zu vermeiden!

In der Resolution 652-2021 wird eine Empfehlung für die Selektion und Züchtung von Rebsorten zu ihrer Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels empfohlen. Besonders wird betont, dass eine verstärkte internationale Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Einrichtungen gefördert werden muss, um die Forschung im Bereich der Rebenselektion und -züchtung zu erleichtern und eine schnellere Einführung von besser an den Klimawandel angepassten innovativen Sorten zu gewährleisten.

 

ITALIEN Frankreich

Im Jahr 2020 wurden vier Züchtungen (F22P9, F22P10, F23P65, F26P92) der Fondazione Edmund Mach (San Michele) in die nationale italienische Sortenliste aufgenommen.

Quelle: Wine News, The Pocket Wine Web Site In Italy, 30. Juni 2020

7 resistenten Trauben wurden im Rahmen des „Vevir-Projekts“ für den Trentiner Weinbau ausgewählt

Es handelt sich um die gegen Oidium und Peronospora widerstandsfähigen Sorten Nermantis, Termantis, Valnosia, Charvir, Solaris, Souvignier gris und Pinot Regina. Das vierjährige Projekt Vevir, bei dem in verschiedenen Weinbaugebieten des Trentino geprüft wurde, koordinierte das Consorzio Innovazione Vite (Civit), Partner für wissenschaftliche Aspekte war die Fondazione Edmund Mach (Edmund-Mach-Stiftung). Die Prüfungen erfolgten in Bezug auf Produktivität, Krankheitstoleranz und önologisches Potenzial. Verglichen wurden die Sorten mit den in diesem Gebiet traditionell verwendeten Chardonnay und Marzemino. Vier der sieben Rebsorten sind aus dem genetischen Verbesserungsprogramm der Edmund-Mach-Stiftung hervorgegangen: Termantis (blau), Nermantis (blau), Charvir (weiß), Valnosia (weiß).

Quelle: https://civiltadelbere.com/, 31.3.2021

Neuigkeiten für die Winzer mit widerstandsfähigeren Sorten: In der Emilia-Romagna wird es möglich sein, 9 neue Rebsorten anzubauen

Die neun Keltertraubensorten, die das Forschungszentrum für Pflanzenbau (Crpv) nach mehrjährigen Versuchen am Standort Tebano (Faenza) entwickelt hat, haben zahlreiche positive Eigenschaften gezeigt. Im Anschluss an die Feldversuche hat das Crpv die Verwaltung der Region Emilia-Romagna gebeten, die Rebsorten offiziell anzuerkennen. Trotz drastischer Reduktion der Behandlungen erwiesen sie sich als resistent oder tolerant gegenüber den wichtigsten Pilzkrankheiten.

In das regionale Rebsortenregister der Emilia-Romagna wurden demnach aufgenommen: Merlot Kanthus, Merlot Khorus, Cabernet Volos, Cabernet Eidos (alle blau), Sauvignon Kretos, Sauvignon Rytos, Johanniter, Souvignier gris und Solaris (alle weiß). Die Trauben dieser Sorten dürfen aber nur zur Herstellung von Tafelwein und/oder IGT (geografische Angabe) verwendet werden. Sie sind für die Herstellung von DOC-Weinen weiterhin verboten.

Quelle: https://notizie.regione.emilia-romagna.it/, 16.3.2020

USAUSA        New Grape Varieties, New Wine Program for Arkansas

Aus dem Trauben-Züchtungsprogramm der Universität Arkansas gingen nach über 20 Jahren Forschung zwei neue Rebsorten hervor. Indulgence, eine Weißweinsorte mit Muskataroma stammt aus einer Kreuzung von Seyval mit Muskat Ottonel. Dazzle, eine rotschalige Sorte mit Gewürztraminer-ähnlichem Charakter wurde aus Gewürztraminer x Melody (ein New York Hybrid) gekreuzt. Das Ziel des Züchtungsprogrammes war die Entwicklung neuer Rebsorten, die das Potential für hohe Qualitäten im Mittleren Süden haben, einer Region mit kalten Wintern und heiß-feuchten Sommer.

Quelle: www.winebusiness.com, 17.11.2020

Große Hoffnungen für Hybrid-Weintrauben

Winterharte Sorten der Universität von Minnesota eröffnen neue Möglichkeiten

Die Universität von Minnesota hat Pionierarbeit in der Züchtung von Rebsorten für kalte Klimazonen geleistet, nicht nur im oberen Mittleren Westen. Die Haupteigenschaft der Traubensorten der Universität von Minnesota ist die Winterhärte, aber das Projekt beinhaltet auch die Züchtung auf Krankheitsresistenz (insbesondere gegen Echten und Falschen Mehltau) und auf die Reduzierung des Säuregehalts. In der „Excelsior“-Anlage stehen mehr als 10 000 Versuchsweinreben auf 12 Hektar, die jedes Jahr Tausende von Sämlingen hervorbringen. Die genetische Basis des Projekts umfasst Vitis vinifera-Sorten und französische Hybride, das genetische Rückgrat aber ist Vitis riparia, Minnesotas einheimische Rebsorte. Zwei widerstandsfähige Rebsorten sind erst in den letzten Jahren herausgegeben worden: Itasca (weiß) und Marquette (blau). Itasca zeigt Resistenzen gegen Oidium, Peronospora und Reblaus. Marquette zeichnet sich vor allem durch große Winterhärte aus.

Quelle: https://www.goodfruit.com/high-hopes-for-hybrid-wine-grapes/, 12.11.2019

Deutschlandde

In Deutschland hat das PIWI-Thema schon längere Zeit Fahrt aufgenommen. Die Anbaufläche liegt bei rund 2,5%, das entspricht etwa 2.500 Hektar.
Erst kürzlich zugelassen wurde die Rebsorte  Felicia, gezüchtet im Julius Kühn Institut. Sie ist widerstandsfähig gegen Echten und Falschen Mehltau sowie Schwarzfäule.   Bereits zum zweiten Mal wurde die Falstaff PIWI Trophy vom gleichnamigen Weinverlag durchgeführt und die besten deutschen PIWI-Weine gekürt.   Der Verein PIWI Deutschland e.V.  hat sich der Nachhaltigkeit im Weinanbau verschrieben.  Von der Rebe bis zum Wein im Glas sollen Aktionen und Projekte in Deutschland gefördert werden, die den Bekanntheitsgrad von PIWIS verbreitern und deutlich machen, dass sich Qualität und Genuss mit  Nachhaltigkeit, Ökologie und Biodiversität vereinbaren lassen.   www.piwi-deutschland.de

Aktuelles aus ÖsterreichÖsterreich

Im Juli ging wieder der vom Verein PIWI Österreich organisierte PIWI-Weinwettbewerb „Neue/innovative Rebsorten“ für österreichische Weine über die Bühne. Von 83 Betrieben aus acht Bundesländern wurden insgesamt 165 Weine angemeldet. Die Weißweine dominierten naturgemäß bei den Einreichungen, die stärkste Sorte (30 angemeldete Weine) war Muscaris gefolgt von Souvignier gris (23) und Donauriesling (18). Bei den Rotweinen wurde am häufigsten die Rebsorte Roesler (11) eingereicht. Eine internationale Fachjury verkostete und bewertete die Weine im Sensorikraum der Versuchsanstalt Haidegg in Graz. Zehn Kategoriensieger wurden gekürt. Weitere Infos auf www.piwi-international.de/piwi-regional/oesterreich/.

Die Sieger stehen festDonauriesling Souvignier girs

Donauriesling               Souvignier Gris